Heidi Trautmann

Wer steckt hinter www.cre-aktiv.com – Who is behind www.cre-aktiv.com
9/1/2009

Elisabeth Heller, eine Berlinerin, heute. Eine, die das Schöne liebt, beim Reisen, in der Kunst, die das Schlichte, doch Interessante und Erlesene liebt, in der Musik, in der  Poesie und im künstlerischen Gestalten. Sie möchte es teilen mit anderen.

 

Elisabeth Heller hat mich gefunden, in einer Zeitschrift, und wir haben uns im Internet getroffen und uns gegenseitig auf unseren Seiten besucht. Wir haben uns unterhalten und machen Pläne. Pläne, gemeinsam Dinge zu unternehmen, z.B. im Herbst diesen Jahres, ich in Nicosia, sie in Berlin, die Vorbereitungen und Feierlichkeiten zum 20-jährigen Jubiläum des Berliner Mauerfalls zu beobachten, auszutauschen und darüber zu berichten, samt Fotos.

 

Elisabeth Heller war überrascht, dass wir in Nicosia etwas dazu tun wollen. Sie kennt Nordzypern von einem Besuch 1993. In einem der ersten Schreiben unserer Korrespondenz quillt ihr das Herz über, und in Anbetracht des 20-jährigen Jubiläums (ich berichtete unter Art News) möchte ich meine Leser daran teilhaben lassen, in beiden Sprachen in deutsch und englisch.Wir sollten nicht vergessen!

 

Heute im Nachhinein - im 20. Jahr des Mauerfalls - empfinde ich all meine subjektiven Irrungen und Wirrungen, trotzdem als ein großes Glück, weil ich dadurch reifen und mich weiterentwickeln konnte.

Welch eine Freude empfindet  ein Mensch, der beispielsweise wie ich miterleben kann, dass ein Traum im Leben tatsächlich noch Wirklichkeit wird: der Fall der Mauer und die damit auch verbundene Reisefreiheit (ich bin nach Maueröffnung viel mit meinem kleinen Sohn umhergereist - oft ganz primitiv, da wir ja noch nie viel Geld hatten, aber das ist und war egal - im Nachhinein zählen die Erlebnisse). Einfach wunderschön!!

 Sie fragen, was Nordzypern mit meinem Leben in der DDR zu tun haben könnte? Ich kann diesbezüglich nur meine subjektiven Empfindungen wiedergeben. In Nordzypern erinnerte mich damals einfach vieles an die DDR. Davon ganz abgesehen, dass so kurz nach dem Mauerfall auch noch sehr stark in mir steckten: Skepsis, Unsicherheit, Angst, Vorsicht und Unselbstständigkeit in noch viel zu großem Maße ganz allgemein.

 In der DDR war scheinbar alles geregelt. Viele hatten sich gezwungenermaßen und größtenteils mit dem Gefängnis DDR arrangiert. Wir hatten es gelernt, mit 2 Zungen zu reden, mit 2 Gesichtern zu leben. Ganz, ganz furchtbar für mich immer wieder im Rückblick. Andrerseits gab es bis auf wenige Ausnahmen überhaupt keine Arbeitslosigkeit, fast ausnahmslos arbeitete jede Frau und verdiente ihr eigenes Geld (war auch nötig, weil wir alle nicht so viel verdienten). Die Männer teilten sich im Allgemeinen die Hausarbeit mit der Frau (es gab auch hierbei natürlich Ausnahmen). Für alle Familien, die wollten, gab einen Kindergarten- und Kinderhortplatz. Will sagen, dass wir nicht Hunger litten, alle ein bezahlbares Dach über den Kopf hatten. Die Mieten waren ein Witz und fielen kaum ins Gewicht, was man wiederum den Häusern ansah. Nur das, wonach uns wirklich war, war fast immer Mangelware. Was heißt, dass wir uns übten im Improvisieren. Immer wieder neu. Darin waren wir Weltmeister.

Ja, man war nicht frei. Man war und blieb eingesperrt und in allem bevormundet. Was nicht ohne Folgen blieb. Selbstständig zu sein haben wir nicht gelernt. Wie gesagt. Auf Dauer hält das kein Mensch aus. So auch wir nicht.

 Im Sommer  '89 hieß es überall: „Der letzte macht das Licht aus“. Das Land leerte sich, Freunde und Bekannte verabschiedeten sich in den Westen. Und als Genscher im September den berühmten Satz vom Balkon der Prager Botschaft sprach, habe ich Rotz und Wasser geheult. Am 7.Oktober, als  Menschen in Berlin zusammengeschlagen wurden, war ich nur noch fassungslos, entsetzt und wütend.  Selbst an diesem Tag hatten wohl endlich die letzten Gestrigen begriffen, was die Stunde geschlagen hatte.

Ich werde auch nie vergessen, wie wir an Gorbatschows Lippen hingen, als er zum 40. Jahrestag der DDR bei uns in Berlin den berühmten Satz sprach: "Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben" . Dieser Satz geht mir nicht mehr aus dem Gedächtnis.

 Am 4. November '89, als sich das erste Mal ganz Ost-Berlin zur größten nicht staatlich gelenkten Demonstration auf den Alexanderplatz zu versammeln schien,, wusste ich nicht mehr, ob ich wegen meines damals kranken kleinen Sohnes oder wegen der Demonstration (u.a. organisiert durch verschiedene Künstlerverbände) weinte, so geschüttelt war ich vor Rührung und Freude. So eine Demonstration gab es in der Form niemals zuvor in der DDR.

Aber auch davon ganz abgesehen waren die Jahre im noch bestehenden DDR-Rundfunk von Ende '89 bis Ende '92 für deren Mitarbeiter(innen), zu denen ich so lang gehörte, die aufregendsten und spannendsten überhaupt gewesen. So frei konnten nicht mal die so genannten "West-Sender" agieren (das weiß ich zu beurteilen, weil ich in der Folge später über 10 Jahre immer wieder im Sender Freies Berlin  für Wochen oder Monate in den unterschiedlichsten Redaktionen aushalf).

Umso schockierender war dann die überraschende Abwicklung des DDR-Rundfunks Ende 1991. Mein Kündigungsschutz brachte mir da auch nix mehr (ich war weder bei der Staatsicherheit, noch Parteimitglied, dafür alleinerziehend mit meinem kleinen Sohn). Da ich die Arbeit beim DDR-Rundfunk unsagbar liebte, hatte ich das subjektive Gefühl, als würde mir die Kehle durchgeschnitten werden. Es war sehr schlimm. Einige meiner Kollegen haben diese unglaubliche Abwicklung tatsächlich nicht überlebt oder sind richtig krank geworden. 

Ich war im Grunde urplötzlich in einem fremden Land, auch wenn ich noch auf gleichen Grund und Boden war, alle um mich herum noch immer deutsch sprachen. Ich war das erste Mal allein mit meinem Sohn ohne Arbeit, eine Frau und Mutter mit Anfang 40. Ich hatte zu allem Pech dann noch  zusammen mit meinem Kind  einen schlimmen Unfall. Die alten DDR-Gesetze galten nicht mehr, die neuen griffen noch nicht. Keiner fühlte sich für unsere Situation zuständig. Gesetzlosigkeit herrschte.

Ich war innerlich immer mehr zerrissen. Gerettet haben mich praktisch so genannte Lebenshilfe-Bücher. Sie waren sozusagen Ersatz für Gesprächspartner, die ich einfach nicht hatte. Und obwohl ich mich über Jahre im ständigen Wechselbad der Gefühle zwischen Freude und Enttäuschung befand,  oft das pure Chaos herrschte, ich 2001 völlig zusammenbrach und mich in eine Gesprächstherapie begab, habe ich niemals aufgegeben!  Größtenteils habe ich das sicher meinem Sohn zu verdanken. Für ihn musste ich einfach stark bleiben.

Aber auch das muss noch mal unterstrichen werden. Ich möchte niemals mehr das Gesellschaftssystem DDR zurückhaben. Trotzdem waren die ersten 4 Jahrzehnte gelebtes Leben in der DDR natürlich nicht nur schlecht, wie uns oft von außen eingeredet wird. Das ärgert mich manchmal sehr. Die DDR ist und bleibt Teil meines Lebens.

Frau Trautmann, ich wurde durch das Leben in der DDR sehr sensibelisiert. Ich habe in der DDR gelernt, immer zwischen den Zeilen zu lesen und zu hören, zwischen oder hinter die Bilder  zu sehen.

Auch das. In der DDR habe ich alle Möglichkeiten genutzt, um wenigstens in die Teile der Erde zu bereisen, in die es erlaubt war, zu fliegen oder zu fahren. Einmal habe ich sogar meine Waschmaschine verkauft, um eine Wolga-Don-Schiffsfahrt bezahlen zu können.

 Doppelklicken Sie doch einfach mal hier, dann erfahren mehr - auch von mir:  http://www.rund-um-die-biografie.de/biografieeh/index.html.

 

 

Who is behind www.cre-aktiv.com

 

Elisabeth Heller, is a Berliner, today. One who loves beauty, the beauty in travelling and in art, one who loves the unpretentious but the interesting and selective, in music, in poetry and in artistic creation. Sie wants to share all that with others.

 

Elisabeth Heller has found me, in a magazine, and we met on the internet and visited each other’s websites. We chatted and made plans. Plans to undertake things together, for example in the autumn of this year, she in Berlin and I in Nicosia, to watch the artistic preparations and festivities on the occasion of the 20th birthday of the Berlin Wall and to exchange our observations. Inclusive photos.

 

Elisabeth Heller was surprised to learn about our activities in Nicosia for the occasion of the Berlin Day of Peace (for all, hopefully). She has been to North Cyprus before in 1993. In one of her mails her heart flows over remembering. I would like to let my readers take part to remember themselves how it was, or to remind ourselves of what others went through. We should never forget.

 

Today, when I think back, today, 20 years after the Fall of the Wall – I see my wavering experiences, hardships and memories in a softer light, a great chance for me to mature and develop further.

Can anyone imagine the deep pleasure a human being can feel when a life-long dream comes true? The dream to see the wall come down and to travel freely,  for example (In those days I undertook  many journeys with my little son, often under most primitive circumstances as we lacked the funds, but that was of no importance to us, it was the experience that counted..

You have asked me what my experiences in North Cyprus have to do with my life in the German Democratic Republic? I  can only repeat the  views, feelings I had, subjectively. So many things in North Cyprus reminded me of the GDR, But you must consider, so shortly after the fall of the wall, that I had not yet overcome remnants of that old life, feelings such as skepticism, insecurity, angst, dependence and caution .  

 Everything in the German Democratic Republic was controlled, so it seemed. Most of us have adapted – forcibly – to a life in the GDR prison. We had learnt to speak with two tongues and two faces. A nightmare for me when I think back. On the other hand there was no unemployment – except for some rare cases – every single woman was working, she had to as money was never enough. Men contributed their share to housework, also here there were exemptions to the rule. Families had the right of free admittance for their children to kindergarten and crèches. What I want to say by that that:  we did not starve, and we had an affordable place to live in. The rents to pay were ridiculously low which was not astonishing considering the condition the houses were in. However, all the things we truly wanted were hardly to get. Thus we develoved a fantastic sense for improvising. Again and again. A discipline we were world best in.  

We were not free, that was it. We were imprisoned, controlled and patronized. Which did not remain without consequences.  Nobody can endure this kind of life forever. Nor did we.

In the summer of 1989 the word went around: „The last one leaving switches the light off!“ People left evacuating the country. Friends left for the West. When Foreign Minister Genscher spoke in September 89  from the balcony of the Embassy in Prague I cried from all my heart. When in October our people were beaten up in the streets of Berlin, I was beside me with frustration and anger. Now, even the most hard headed followers of yesterday must have realized what this meant.

I will never forget the moment when Gorbatschov came to Berlin for the 40th birthday of the German Democratic Republic and we were following every word he said and the famous phrase “Life will punish the one who comes too late!” I treasure the memory of this day and will never forget it.

It was the 4th of November 1989, when for the first time in the history of the GDR a demonstration not controlled by the state took place on the Alexanderplatz in Berlin. I could not stop crying not even knowing whether it was for my little son being seriously ill or from sympathy for the demonstration which was organized by various artists and art associations.

Apart from that, the years between 1989 and end of 1992, when the GDR Broadcasting was still functioning , were the most exciting for me and my colleagues. Never have we been so free, free to act, even more so than the so-called West broadcasting stations. And I am in the position to judge it as I was working for Sender Freies Berlin in the ten years that followed in various departments.

The more it was shocking to see how the GDR Broadcasting affair was treated by the end of 1991and I and many of my colleagues lost their jobs (I was not a party member nor was I ever in the State Security Department) but I had a small son I had to care for myself. I loved my work at the Broadcasting station and when all ended I had the feeling as if they had cut my throat. It was for some of my colleagues the end of their life and many became seriously ill.

All of a sudden I was in a foreign country, although still on the same ground and still speaking the same language. For the first time in my life I was all by myself, left alone with my small son, a woman of 40 without a job. On top of it, I and my son had a bad accident. The laws of the old GDR were no longer valid and the new ones were not yet functioning. Nobody took over any responsibility for us and our situation, and we found ourselves in a lawless chaotic situation.

I did not know where to turn to and to save myself from desolation I started reading psychological books, sort of life-saving books taking the role of partners I did not have.  But I never gave up, even though  I was torn between hope and disappointment over the years that followed and had a severe break-down in 2001. I am sure that I owe that to my son. For him I had to be strong.

However, although I would never have back the old social system of the GDR, I must make it clear that not all of it was bad, it was my life over 40 years. It makes me very angry to hear comments condemning it all. It was and sill is part of my life.

Mrs Trautmann, you can believe me, the life I led in the German Democratic Republic left me most sensitized and it taught me to read between the lines and see behind the images.

I don’t want to forget to mention: All my life in the GDR I have tried and used possibilities to travel and see parts of the world which were open to me, flying or driving. Once, I even sold my washing machine to get the money for a boat trip down the Wolga.  

Double click if you want to learn more, my biography in German:  http://www.rund-um-die-biografie.de/biografieeh/index.html.

 

 





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